Kochen & Backen

Zukunft der Küche

Zukunft der Küche

Wer die Wahl hat, hat die Qual: Der heutige Gang in den Supermarkt bietet uns ein so breitgefächertes Sortiment aus aller Herren Länder, dass wir manchmal gar nicht wissen, wo wir anfangen sollen. Ständig scheinen sowohl neue Food-Trends als auch neue Lebensmitteln aus sämtlichen Ecken der Welt bei uns aufzutauchen, ganz zu schweigen von dem scheinbar konstant-gleichen Angebot an Obst und Gemüse, egal ob Sommer oder Winter. Obwohl das natürlich auf der einen Seite spannend sein kann, weil es so immer wieder Neues aus der ganzen Welt zu entdecken gibt, frage ich mich schon eine ganze Weile: wieviel davon muss wirklich sein? Immer mehr, immer schneller, immer weiter – ist das die Zukunft der Küche?

Mein Mann und ich haben uns schon vor ein paar Jahren dazu entschlossen, aus diesem Zug auszusteigen und zurück an den Ursprung zu gehen, seither bildet die Basis unseres Einkaufs der Wochenmarkt. Dort finden wir jeden Samstag eine ebenfalls sehr große und abwechslungsreiche Auswahl an frischem saisonalen Obst und Gemüse, regionalem Honig und Käse, Butter, Milch oder Wurst vom Biohof im Dorf nebenan. Zwar gibt es auch auf dem Wochenmarkt immer mehr Stände, die scheinbar immer alles anbieten, dennoch hat uns der regelmäßige Gang auf den Markt stark auf den Takt der Jahreszeiten eingestimmt, ohne dass wir das anfangs bewusst angestrebt hätten. Man registriert es automatisch, anhand der Verfügbarkeit, der Qualität und nicht zuletzt auch am Preis.

Die Wertschätzung der einzelnen Lebensmittel ist so für uns gestiegen, die süße Vorfreude auf den ersten Spargel oder auf tiefrote, sonnenverwöhnte Erdbeeren ist uns die Wartezeit einfach wert. Und wenn die Saison dann zu Ende ist und wir den Sommertomaten zum Abschied zuwinken passiert das zwar mit einem weinenden, aber auch mit einem lachenden Auge, denn wir wissen, dass die Tomaten quasi übergangslos von allerlei Kürbissorten und wohlfühligem Herbstgemüse abgelöst werden und uns treu und verlässlich im nächsten Sommer wieder beglücken. Und wir freuen uns schon darauf, denn wir wissen, dass wir das Beste aus der Zeit machen und sie in vollen Zügen genießen werden. Manche Dinge lernt man einfach besser zu schätzen, wenn man sie nicht ständig um sich hat, wenn man aus diesem Wust an Angebot bewusst aussortiert und sich auf die best-verfügbare Qualität zum jeweiligen Zeitpunkt konzentriert.

So sehr wir saisonale und regionalen Zutaten lieben, so gerne entdecken wir aber auch die Welt und die lokalen Küchen. Wir versuchen in jedem Land den dortigen Wochenmarkt zu besuchen. So flanierten wir beispielsweise in Santa Monica einen halben Tag unter der kalifornischen Sonne auf dem lokalen Farmer´s Market, haben dort das fröhliche Gewusel beobachtet und uns von Stand zu Stand probiert. Eine alte bunte Radieschensorte, Urkarotten, frische Kräuter, Beeren, Ziegenfrischkäse und ein frisch gebackenes Sauerteigbaguette sind nur einige der Schätze, die in unserem Fahrradkorb landeten und die in unserem Gästecottage dann zu einem einfachen, aber umwerfend guten Mittagessen wurden. Ein weitere Ort, der einen festen Platz in unserer Urlaubserinnerung bildet, ist das Ferry Building in San Francisco mit seinen traditionell handwerklich-arbeitenden kleinen Lädchen und Ständen – von Frischsauerkraut über regionale Obst- und Gemüsestände bis hin zur Käserei oder Bio-Konditorei gibt es hier einfach alles, was das Foodie-Herz begehrt. Wir haben aus den Zutaten einen simplen Brotsalat mit Tomaten, Zucchini und Basilikum gezaubert. Ein Gang über den Markt reicht, um die kreativen Rezepte-Zellen sofort auf Hochtouren laufen zu lassen, egal ob daheim oder im Urlaub.

Doch es muss natürlich nicht immer der Wochenmarkt sein – egal ob Tapas Bars in Barcelona oder neu-nordische Küche in Kopenhagen, die Hauptsache für uns ist, dass wir unseren Essenshorizont erweitern. Jüngstes Beispiel einer Reiseinspiration ist ein Frühstück, das wir neulich aus Thailand mitgebracht haben. Wir waren dem cremig-kokosmilch-süßen Haferbrei, reich belegt mit baumfrisch-gepflücktem tropischem Obst so verfallen, dass wir ihn zu Hause einfach nachkreieren mussten – und beide „regionalen Augen“ zugedrückt haben, was das tropische Obst betrifft, denn auch wenn wir großen Wert auf saisonal-regionales Kochen legen heißt das nicht, dass wir nicht gerne mal über den sprichwörtlichen Tellerrand schauen. Der Begriff „Glokalisierung“ veranschaulicht das auf passende Weise – einer der spannenden Foodtrends, die auf der AEG Taste Academy von Christian Mittermeier vorgestellt wurden. Hierbei geht es um regionale mit – wo nötig oder passend – Ergänzung aus fremder Küche. Global und lokal stehen nicht mehr im Gegensatz zueinander sondern gehen Hand in Hand, hier wird nichts verbannt, sondern durch Neugierde, Horizonterweiterung und Genuss gewonnen. Wichtig ist aber auch hier wieder: Bewusst wählen. Und das bringt es für uns letztendlich auf den Punkt. Wir hoffen und wünschen uns, dass die Zukunft der Küche darin liegt, dass wir Konsumenten uns bewusst aus dem immer größer werdenden Angebot entscheiden, dass wir dabei ebenso neugierig wie nachdenklich sind und nicht vergessen, dass wir – jeder Einzelne – mit jedem Einkauf etwas zu dieser Zukunft beitragen kann.

avatar

Autor:

Daniela Becker

"Flowers on my plate": So heißt der wunderschöne Blog von Dani, den sie gemeinsam mit ihrem Mann Michael führt. Als echter Genussmensch teilt sie leckere saisonale Rezepte und kulinarische Erzählungen. Obwohl man auf dem Blog viele vegetarische Rezepte findet, geht es dort vor allem auch um regionale Vielfalt auf dem Teller.